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Braucht die Schweiz eine Einheitskasse?

Braucht die Schweiz eine Einheitskasse?

Am 28. September 2014 stimmen die Schweizer Stimmbürger über die Einheitskassen-Initiative ab. Der RVK hat Befürworter und Gegner am 27. Mai 2014 in der Pädagogischen Hochschule in Zürich zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion eingeladen. Jacqueline Fehr, bekannte Befürworterin der Einheitskasse, hat mit Felix Gutzwiller, die Klingen gekreuzt. In einem Punkt sind sich die beiden einig: Die Kosten im Gesundheitswesen können nicht gesenkt werden – auch mit einer Einheitskasse nicht. Doch welches System den Versicherten besser dient, darüber gehen die Meinungen auseinander.

 

Rund 300 Personen haben den spannenden Schlagabtausch zwischen Felix Gutzwiller und Jacqueline Fehr in der Pädagogischen Hochschule Zürich verfolgt – souverän moderiert durch Martin Spieler. Für Jacqueline Fehr war klar, dass die Versprechen, die vor 20 Jahren gemacht worden sind, nicht eingehalten werden konnten. Nicht das gesamt Gesundheitssystem an sich müsse verbessert werden, nur das System der Krankenversicherer. Sie war der Meinung, dass auch der beste Risikoausgleich die Risikoselektion nicht eliminieren könne. Zudem sei die zunehmende Bürokratie, die mit einem Wettbewerb einhergehe, unnötig.

Felix Gutzwiller widersprach – das heutige System bewähre sich grossmehrheitlich. Die Schweiz habe die höchste Zufriedenheit, wenn es um die Qualität der Gesundheitsversorgung gehe. Alle Leistungen seien jederzeit für alle zugänglich – ohne soziale Diskriminierung. Und die Qualität der Leistungen sei hervorragend.

Einig sind sich die beiden Politiker, dass 20 Prozent der Versicherten 80 Prozent der Kosten verursachen. Felix Huber, Mitgründer und Verwaltungsratspräsident des Ärzte-Netzwerks mediX, ist der Meinung, dass diese häufig chronisch Kranken schon heute sehr gut versorgt würden. Die Koordination könne noch verbessert werden, dafür würde jedoch Wettbewerbselemente benötigt. Dass staatliche Systeme chronisch Kranke besser betreuen würden, daran glaube er nicht. Es brauche eine optimale Koordination, der Arzt müsse einen Anreiz für die beste Behandlung haben. „Das versuchen wir seit mehreren Jahren – erfolgreich.“ Genau dieser Anreiz fehle bei einer staatlichen Einheitslösung.

Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit in Deutschland, ergänzte die Diskussionsrunde. Für ihn ist klar, dass mit einer Einheitskasse keine Kosten gespart werden könne. Die Diskussion müsse aber sein: Welches System schafft es in der Zukunft, alte oder chronisch kranke Menschen besser zu behandeln? Welches System ist innovativer? Hier ist er dezidiert der Meinung, dass wettbewerbliche Systeme, wie sie heute in der Schweiz bestehen, mehr Innovation schaffen als ein staatlich gelenktes Einheitssystem.

Felix Gutzwiller kommt zum Schluss, dass eine Einheitskasse keine Lösung sei. Der Risikoausgleich sei in den letzten Jahren massgeblich verbessert worden. Er sei für eine wirkungsvolle Aufsicht, aber auch für den regulierten Wettbewerb. „Wir müssen das jetzige System optimieren, eine totale Systemumstellung hilft uns sicher nicht weiter.“ Wenn es gelingen würde, die Risikoselektion zu eliminieren, könnte man – so Jacqueline Fehr – das jetzige System weiterführen. Daran glaubt die SP-Nationalrätin aber nicht mehr. «Entweder eliminieren wir alle Elemente der Risikoselektion – oder wir wechseln in ein geschlossenes System.»

In seinem Schlusswort weist der Präsident des RVK, Charles Giroud, auf die zwei wichtigsten Nachteile einer Systemumstellung hin. Nämlich der Verlust der Wahlfreiheit und der Rückgang der Qualität in der Versorgung bei gleichbleibenden Kosten. Unter diesen Umständen ein Experiment mit unsicherem Ausgang zu wagen, sei für ihn verantwortungslos. Deshalb sei die Einheitskassen-Initiative abzulehnen und das bestehende, bereits heute sehr gute System wo nötig weiterzuentwickeln.

 

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